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Людвиг ван Бетховен - Фиделио / на немецком языке

Fidelio oder Die eheliche Liebe
Personen: 
DON FERNANDO, Minister (Bariton) 
DON PIZARRO, Gouverneur eines Staatsgefängnisses (Bariton) 
FLORESTAN, Gefangener (Tenor) 
LEONORE, dessen Frau unter dem Namen "Fidelio" (Sopran) 
ROCCO, Kerkermeister (Bass) 
MARZELLINE, dessen Tochter (Sopran) 
JAQUINO, Pförtner (Tenor) 
ERSTER GEFANGENER (Tenor) 
ZWEITER GEFANGENER (Bass) 

CHOR 
Wachsoldaten; Staatsgefangene; Volk
ERSTER AKT 

Ouvertüre 

ERSTER AUFTRITT 
Marzelline, Jaquino. 

Nr. 1 - Duett 

JAQUINO 
Jetzt, Schätzchen, jetzt sind wir allein, 
Wir können vertraulich nun plaudern. 

MARZELLINE 
Es wird ja nichts Wichtiges sein, 
Ich darf bei der Arbeit nicht zaudern. 

JAQUINO 
Ein Wörtchen, du Trotzige, du! 

MARZELLINE 
So sprich nur, ich höre ja zu. 

JAQUINO 
Wenn du mir nicht freundlicher blickest, 
So bring ich kein Wörtchen hervor. 

MARZELLINE 
Wenn du dich nicht in mich schickest, 
Verstopf ich mir vollends das Ohr. 

JAQUINO 
Ein Weilchen nur höre mir zu, 
Dann lass' ich dich wieder in Ruh. 

MARZELLINE 
So hab ich denn nimmermehr Ruh; 
So rede, so rede nur zu. 

JAQUINO 
Ich habe zum Weib dich gewählet, 
Verstehst du? 

MARZELLINE 
Das ist ja doch klar. 

JAQUINO 
Und, wenn mir dein Jawort nicht fehlet, 
Was meinst du? 

MARZELLINE 
So sind wir ein Paar. 

JAQUINO 
Wir könnten in wenigen Wochen - 

MARZELLINE 
Recht schön, du bestimmst schon die Zeit. 

JAQUINO 
Zum Henker, das ewige Pochen! 

MARZELLINE 
So bin ich doch endlich befreit! 

JAQUINO 
Da war ich so herrlich im Gang, 
Und immer entwischt mir der Fang. 

MARZELLINE 
Wie macht seine Liebe mir bang, 
Wie werden die Stunden mir lang. 
Ich weiss, dass der Arme sich quälet, 
Es tut mir so leid auch um ihn! 
Fidelio hab ich gewählet, 
Ihn lieben ist süsser Gewinn. 

JAQUINO 
Wo war ich? - Sie sieht mich nicht an. 

MARZELLINE 
Da ist er - er fängt wieder an. 

JAQUINO 
Wann wirst du das Jawort mir geben? 
Es könnte ja heute noch sein. 

MARZELLINE 
O weh! Er verbittert mein Leben. 
Jetzt, morgen und immer, nein! 

JAQUINO 
Du bist doch wahrhaftig von Stein! 
Kein Wünschen, kein Bitten geht ein. 

MARZELLINE 
Ich muss ja so hart mit ihm sein, 
Er hofft bei dem mindesten Schein. 

JAOUINO 
So wirst du dich nimmer bekehren? 
Was meinst du? 

MARZELLINE 
Du könntest nun gehn. 

JAQUINO 
Wie? Dich anzusehn willst du mir wehren? 
Auch das noch? 

MARZELLINE 
So bleibe hier stehn! 

JAQUINO 
Du hast mir so oft doch versprochen - 

MARZELLINE 
Versprochen? Nein, das geht zu weit! 

JAQUINO 
Zum Henker, das ewige Pochen! 

MARZELLINE 
So bin ich doch endlich befreit! 

JAQUINO 
Es ward ihr im Ernste schon bang, 
Wer weiss, ob es mir nicht gelang. 

MARZELLINE 
Das ist ein willkommener Klang, 
Es wurde zu Tode mir bang. 


ZWEITER AUFTRITT 
Marzelline allein. 

MARZELLINE 
Der arme Jaquino! Ich war ihm sonst recht gut, da kam Fidelio in unser Haus, und seit der Zeit ist alles in mir und um mich verändert. 

Nr. 2 - Arie 

MARZELLINE 
O wär ich schon mit dir vereint 
Und dürfte Mann dich nennen! 
Ein Mädchen darf ja, was es meint, 
Zur Hälfte nur bekennen. 
Doch wenn ich nicht erröten muss 
Ob einem warmen Herzenskuss, 
Wenn nichts uns stört auf Erden - 
Die Hoffnung schon erfüllt die Brust 
Mit unaussprechlich süsser Lust, 
Wie glücklich will ich werden! 

In Ruhe stiller Häuslichkeit 
Erwach ich jeden Morgen, 
Wir grüssen uns mit Zärtlichkeit, 
Der Fleiss verscheucht die Sorgen. 
Und ist die Arbeit abgetan, 
Dann schleicht die holde Nacht heran, 
Dann ruhn wir von Beschwerden. 
Die Hoffnung schon erfüllt die Brust 
Mit unaussprechlich süsser Lust, 
Wie glücklich will ich werden! 


DRITTER AUFTRITT 
Marzelline, Rocco, Jaquino. 

ROCCO 
Marzelline, ist Fidelio noch nicht zurückgekommen? 

MARZELLINE 
Nein, Vater. 

ROCCO 
Ich erwarte ihn mit Ungeduld, 

MARZELLINE 
Da ist er ja! Wie beladen er ist. 


VIERTER AUFTRITT 
Die Vorigen, Leonore. 

ROCCO 
Warte! Warte, Fidelio! Diesmal hast du dir zu viel aufgeladen. 

LEONORE 
Ich muss gestehen, ich bin ein wenig ermüdet. Der Schmied hatte an den Ketten so lange auszubessern. 

ROCCO 
Sind sie jetzt gut? 

LEONORE 
Gewiss, gut und stark. Keiner der Gefangenen wird sie zerbrechen. 

ROCCO 
Wieviel kostet alles zusammen? 

LEONORE 
Zwölf Piaster ungefähr. Hier ist die Rechnung. 

ROCCO 
Gut! Du bist ein kluger Bursche. Ich kann gar nicht begreifen, wie du deine Rechnung machst. 

LEONORE 
Ich suche zu tun, was mir möglich ist. 

ROCCO 
Sei versichert, dein Lohn wird nicht ausbleiben. 

LEONORE 
O glaubt nicht, dass ich meine Schuldigkeit nur des Lohnes wegen - ich… 

ROCCO 
Still! Meinst du, ich kann dir nicht ins Herz sehen? 

Nr. 3 - Quartett 

MARZELLINE 
Mir ist so wunderbar, 
Es engt das Herz mir ein; 
Er liebt mich, es ist klar, 
Ich werde glücklich sein. 

LEONORE 
Wie gross ist die Gefahr, 
Wie schwach der Hoffnung Schein! 
Sie liebt mich, es ist klar, 
O namenlose Pein! 

ROCCO 
Sie liebt ihn, es ist klar; 
Ja, Mädchen, er wird dein. 
Ein gutes, junges Paar, 
Sie werden glücklich sein. 

JAQUINO 
Mir sträubt sich schon das Haar, 
Der Vater willigt ein; 
Mir wird so wunderbar, 
Mir fällt kein Mittel ein. 


ROCCO 
Höre, Fidelio! Sobald der Gouverneur nach Sevilla gereist sein wird, mache ich dich zu meinem Tochtermann. Am Tage nach seiner Abreise gebe ich euch zusammen. 

MARZELLINE 
Den Tag nach seiner Abreise? O ja, lieber Vater! 

LEONORE 
Den Tag nach seiner Abreise? 

ROCCO 
Nun, meine Kinder, ihr habt euch doch lieb, nicht wahr? Aber das ist noch nicht alles, was zu einer vergnügten Haushaltung gehört. 

Nr. 4 - Arie 

ROCCO 
Hat man nicht auch Gold beineben, 
Kann man nicht ganz glücklich sein; 
Traurig schleppt sich fort das Leben, 
Mancher Kummer stellt sich ein. 
Doch wenns in der Tasche fein klingelt und rollt, 
Da hält man das Schicksal gefangen, 
Und Macht und Liebe verschafft dir das Gold 
Und stillet das kühnste Verlangen. 
Das Glück dient wie ein Knecht für Sold, 
Es ist ein schönes Ding, das Gold. 

Wenn sich nichts mit nichts verbindet, 
Ist und bleibt die Summe klein; 
Wer bei Tisch nur Liebe findet, 
Wird nach Tische hungrig sein. 
Drum lächle der Zufall euch gnädig und hold 
Und segne und lenk euer Streben; 
Das Liebchen im Arme, im Beutel das Gold, 
So mögt ihr viel Jahre durchleben. 
Das Glück dient wie ein Knecht für Sold, 
Es ist ein mächtig Ding, das Gold. 


LEONORE 
Ihr könnt das leicht sagen, Meister Rocco, aber es gibt etwas, was mir nicht weniger kostbar sein würde. 

ROCCO 
Und was wäre das? 

LEONORE 
Euer Vertrauen. Oft sehe ich Euch aus den unterirdischen Gewölben ganz ausser Atem zurückkommen. Warum erlaubt Ihr mir nicht, Euch dahin zu begleiten? 

ROCCO 
Du weisst doch, dass ich den strengsten Befehl habe, niemanden zu den Staatsgefangenen zu lassen. 

MARZELLINE 
Aber Ihr arbeitet Euch ja zu Tode, Vater. 

ROCCO 
Ja, ihr habt recht. Der Gouverneur muss mir erlauben, dich in die geheimen Kerker mit mir zu nehmen. Aber es gibt ein Gewölbe, in das ich dich wohl nie werde führen dürfen. 

MARZELLINE 
Vermutlich, wo der Gefangene ist, von dem Ihr schon mehrere Male gesprochen ... 

ROCCO 
Ja, ja. 

LEONORE 
Ich glaube, es ist schon lange her, dass er gefangen ist? 

ROCCO 
Schon über zwei Jahre. 

LEONORE 
Zwei Jahre, sagt Ihr? Er muss ein grosser Verbrecher sein. 

ROCCO 
Oder er muss grosse Feinde haben, das kommt ungefähr auf eins heraus. Aber es kann nicht mehr lange mit ihm dauern. 

LEONORE 
Grosser Gott! 

ROCCO 
Seit einem Monat schon muss ich auf Pizarros Befehl seine Portion immer kleiner machen. Jetzt hat er binnen vierundzwanzig Stunden nicht mehr als zwei Unzen schwarzes Brot und eine halbe Mass Wasser; kein Licht - kein Stroh - nichts - nichts -!! 

MARZELLINE 
O Vater, führt Fidelio ja nicht zu ihm! Diesen Anblick könnte er nicht ertragen. 

LEONORE 
Warum denn nicht? Ich habe Mut und Kraft! 


Nr. 5 - Terzett 

ROCCO 
Gut, Söhnchen, gut, 
Hab immer Mut, 
Dann wird's dir auch gelingen; 
Das Herz wird hart 
Durch Gegenwart 
Bei fürchterlichen Dingen. 

LEONORE 
Ich habe Mut! 
Mit kaltem Blut 
Will ich hinab mich wagen: 
Für hohen Lohn 
Kann Liebe schon 
Auch hohe Leiden tragen. 

MARZELLINE 
Dein gutes Herz 
Wird manchen Schmerz 
In diesen Grüften leiden; 
Dann kehrt zurück 
Der Liebe Glück 
Und unnennbare Freuden. 

ROCCO 
Du wirst dein Glück ganz sicher bauen. 

LEONORE 
Ich hab auf Gott und Recht Vertrauen. 

MARZELLINE 
Du darfst mir auch ins Auge schauen 
Der Liebe Macht ist auch nicht klein. 
Ja, wir werden glücklich sein. 

LEONORE 
Ja, ich kann noch glücklich sein. 

ROCCO 
Ja, ihr werdet glücklich sein. 

Der Gouverneur soll heut erlauben, 
Dass du mit mir die Arbeit teilst. 

LEONORE 
Du wirst mir alle Ruhe rauben, 
Wenn du bis morgen nur verweilst. 

MARZELLINE 
Ja, guter Vater, bitt' ihn heute, 
In kurzem sind wir dann ein Paar. 

ROCCO 
Ich bin ja bald des Grabes Beute, 
Ich brauche Hilf', es ist ja wahr. 

LEONORE 
Wie lang bin ich des Kummers Beute! 
Du, Hoffnung, reichst mir Labung dar. 

MARZELLINE 
Ach, lieber Vater, was fällt Euch ein? 
Lang' Freund und Rater müsst Ihr uns sein. 

ROCCO 
Nur auf der Hut, dann geht es gut, 
Gestillt wird euer Sehnen. 
Gebt euch die Hand und schliesst das Band 
In süssen Freudentränen. 

LEONORE 
Ihr seid so gut, Ihr macht mir Mut, 
Gestillt wird bald mein Sehnen! 
Ich gab die Hand zum süssen Band, 
Es kostet bittre Tränen. 

MARZELLINE 
O habe Mut! O welche Glut! 
O welch ein tiefes Sehnen! 
Ein festes Band mit Herz und Hand, 
O süsse, süsse Tränen! 


Nr. 6 - Marsch 


FÜNFTER AUFTRITT 
Rocco, Pizarro, Offiziere, Wachen. 

PIZARRO 
Hauptmann, drei Schildwachen auf den Wall! Sechs Mann an die Zugbrücke, jedermann, der sich der Festung nähert, wird sogleich vor mich gebracht! Rocco, ist etwas Neues vorgefallen? 

ROCCO 
Nein, Herr Gouverneur. 

PIZARRO 
Depeschen? 

ROCCO 
Hier sind sie. 

PIZARRO 
Immer Empfehlungen oder Vorwürfe. Diese Schrift kenne ich. 
gebe Ihnen Nachricht, dass der Minister in Erfahrung gebracht hat, dass die Staatsgefängnisse, denen Sie vorstehen, mehrere Opfer willkürlicher Gewalt enthalten. Er reist morgen ab, um Sie mit einer Untersuchung zu überraschen. Seien Sie auf Ihrer Hut und suchen Sie sich sicher zu stellen.« 
Gott, wenn er entdeckte, dass ich diesen Florestan in Ketten liegen habe, den er längst tot glaubt. Doch es gibt ein Mittel! Eine kühne Tat . . . 

Nr. 7 - Arie mit Chor 

PIZARRO 
Ha, welch ein Augenblick! 
Die Rache werd' ich kühlen, 
Dich rufet dein Geschick! 
In seinem Herzen wühlen, 
O Wonne, grosses Glück! 
Schon war ich nah, im Staube, 
Dem lauten Spott zum Raube, 
Dahingestreckt zu sein. 
Nun ist es mir geworden, 
Den Mörder selbst zu morden; 
In seiner letzten Stunde, 
Den Stahl in seiner Wunde, 
Ihm noch ins Ohr zu schrein: 
Triumph! Der Sieg ist mein! 

CHOR DER WACHE 
Er spricht von Tod und Wunde! 
Nun fort auf unsre Runde, 
Wie wichtig muss es sein! 
Er spricht von Tod und Wunde! 
Wacht scharf auf eurer Runde, 
Wie wichtig muss es sein! 


PIZARRO 
Hauptmann! Besteigen Sie mit einem Trompeter sogleich den Turm. Sehen Sie mit der grössten Achtsamkeit auf die Strassen von Sevilla. Sobald Sie einen Wagen von Reitern begleitet entdecken, lassen Sie augenblicklich ein Signal geben. Verstehen Sie, augenblicklich! Ich erwarte die grösste Pünktlichkeit. Sie haften mir mit Ihrem Kopf. Fort! auf eure Posten! Rocco! 

ROCCO 
Herr! 


Nr. 8 - Duett 

PIZARRO 
Jetzt, Alter, jetzt hat es Eile! 
Dir wird ein Glück zuteile, 
Du wirst ein reicher Mann; 
Das geb ich nur daran. 

ROCCO 
So sagt doch nur in Eile, 
Womit ich dienen kann. 

PIZARRO 
Du bist von kaltem Blute, 
Von unverzagtem Mute 
Durch langen Dienst geworden. 

ROCCO 
Was soll ich? Redet! Redet! 

PIZARRO 
Morden! 

ROCCO 
Wie? 

PIZARRO 
Höre mich nur an! 
Du bebst? Bist du ein Mann? 
Wir dürfen gar nicht säumen; 
Dem Staate liegt daran, 
Den bösen Untertan 
Schnell aus dem Weg zu räumen. 

ROCCO 
O Herr! 

PIZARRO 
Du stehst noch an? 
Er darf nicht länger leben, 
Sonst ist's um mich geschehn. 
Pizarro sollte beben? 
Du fällst - ich werde stehn. 

ROCCO 
Die Glieder fühl' ich beben, 
Wie könnt ich das bestehn? 
Ich nehm ihm nicht das Leben, 
Mag, was da will, geschehn. 
Nein, Herr, das Leben nehmen, 
Das ist nicht meine Pflicht. 

PIZARRO 
Ich will mich selbst bequemen, 
Wenn dir's an Mut gebricht; 
Nun eile rasch und munter 
Zu jenem Mann hinunter - 
Du weisst - 

ROCCO 
Der kaum mehr lebt 
Und wie ein Schatten schwebt? 

PIZARRO 
Zu dem, zu dem hinab! 
Ich wart' in kleiner Ferne, 
Du gräbst in der Zisterne 
Sehr schnell ein Grab. 

ROCCO 
Und dann? 

PIZARRO 
Dann werd' ich selbst, vermummt, 
Mich in den Kerker schleichen - 
Ein Stoss - und er verstummt! 

ROCCO 
Verhungernd in den Ketten 
Ertrug er lange Pein, 
Ihn töten, heisst ihn retten, 
Der Dolch wird ihn befrein. 

PIZARRO 
Er sterb in seinen Ketten, 
Zu kurz war seine Pein, 
Sein Tod nur kann mich retten, 
Dann werd' ich ruhig sein. 

Jetzt, Alter, jetzt hat es Eile! 
Hast du mich verstanden? 
Du gibst ein Zeichen! 
Dann werd' ich selbst, vermummt, 
Mich in den Kerker schleichen - 
Ein Stoss - und er verstummt! 

ROCCO 
Verhungernd in den Ketten 
Ertrug er lange Pein, 
Ihn töten, heisst ihn retten, 
Der Dolch wird ihn befrein. 

PIZARRO 
Er sterb in seinen Ketten, 
Zu kurz war seine Pein. 
Sein Tod nur kann mich retten, 
Dann werd' ich ruhig sein. 


SECHSTER AUFTRITT 
Leonore allein. 

Nr. 9 - Rezitativ und Arie 

LEONORE 
Abscheulicher! Wo eilst du hin? 
Was hast du vor in wildem Grimme? 
Des Mitleids Ruf, der Menschheit Stimme - 
Rührt nichts mehr deinen Tigersinn? 
Doch toben auch wie Meereswogen 
Dir in der Seele Zorn und Wut, 
So leuchtet mir ein Farbenbogen, 
Der hell auf dunkeln Wolken ruht: 
Der blickt so still, so friedlich nieder, 
Der spiegelt alte Zeiten wider, 
Und neu besänftigt wallt mein Blut. 

Komm, Hoffnung, lass den letzten Stern 
Der Müden nicht erbleichen! 
O komm, erhell' mein Ziel, sei's noch so fern, 
Die Liebe, sie wird's erreichen. 
Ich folg' dem innern Triebe, 
Ich wanke nicht, 
Mich stärkt die Pflicht 
Der treuen Gattenliebe! 
O du, für den ich alles trug, 
Könnt ich zur Stelle dringen, 
Wo Bosheit dich in Fesseln schlug, 
Und süssen Trost dir bringen! 
Ich folg' dem innern Triebe, 
Ich wanke nicht, 
Mich stärkt die Pflicht 
Der treuen Gattenliebe! 


SIEBENTER AUFTRITT 
Marzelline. Jaquino. 

JAQUINO 
Aber Marzelline - 

MARZELLINE 
Kein Wort, ich will nichts mehr hören. 

JAQUINO 
Ja früher, da war ich der gute, liebe Jaquino. Aber seit dieser Fidelio - 


ACHTER AUFTRITT 
Die Vorigen, Rocco, Leonore. 

ROCCO 
Was habt ihr beide denn wieder zu zanken? 

MARZELLINE 
Ach, Vater, Er will, dass ich ihn lieben, ihn heiraten soll. 

ROCCO 
Nein, Jaquino, von deiner Heirat ist jetzt keine Rede, mich beschäftigen andere Absichten. 

LEONORE 
Meister Rocco, ich ersuchte Euch schon einigemale, die armen Gefangenen in unsern Festungsgarten zu lassen. Heute ist das Wetter so schön. 

ROCCO 
Kinder, ohne Erlaubnis des Gouverneurs? 

MARZELLINE 
Aber er sprach doch so lange mit Euch. Vielleicht ... 

ROCCO 
Du hast recht, Marzelline. Ich kann es wagen. Jaquino und Fidelio, öffnet die leichteren Gefängnisse. Ich aber gehe zu Pizarro und halte ihn zurück. 


NEUNTER AUFTRITT 
Chor der Gefangenen. 

Nr. 10 - Finale 

CHOR DER GEFANGENEN 
O welche Lust, in freier Luft 
Den Atem leicht zu heben! 
Nur hier, nur hier ist Leben! 
Der Kerker eine Gruft. 

ERSTER GEFANGENER 
Wir wollen mit Vertrauen 
Auf Gottes Hilfe bauen! 
Die Hoffnung flüstert sanft mir zu: 
Wir werden frei, wir finden Ruh 

ALLE ANDEREN 
O Himmel! Rettung! Welch ein Glück! 
O Freiheit! Kehrst du zurück? 

ZWEITER GEFANGENER 
Sprecht leise! Haltet euch zurück! 
Wir sind belauscht mit Ohr und Blick. - 

ALLE 
Sprecht leise! Haltet euch zurück! 
Wir sind belauscht mit Ohr und Blick. - 
O welche Lust, in freier Luft 
Den Atem leicht zu heben! 
Nur hier, nur hier ist Leben. 
Sprecht leise! Haltet euch zurück! 
Wir sind belauscht mit Ohr und Blick. - 


ZEHNTER AUFTRITT 
Rocco, Leonore. 

Rezitativ 

LEONORE 
Nun sprecht, wie ging's? 

ROCCO 
Recht gut, recht gut! 
Zusammen rafft ich meinen Mut 
Und trug ihm alles vor; 
Und sollst du's glauben, 
Was er zur Antwort mir gab? 
Die Heirat und dass du mir hilfst, will er erlauben; 
Noch heute führ' ich in den Kerker dich hinab. 

Duett 

LEONORE 
Noch heute! Noch heute! 
O welch ein Glück! O welche Wonne l 

ROCCO 
Ich sehe deine Freude; 
Nur noch ein Augenblick. 
Dann gehen wir schon beide - 

LEONORE 
Wohin? 

ROCCO 
Zu jenem Mann hinab, 
Dem ich seit vielen Wochen 
Stets weniger zu essen gab. 

LEONORE 
Ha! - Wird er losgesprochen? 

ROCCO 
O nein! 

LEONORE 
So sprich! 

ROCCO 
O nein, O nein! 
Wir müssen ihn, doch wie? - befrein! 
Denn nach Pizarros Wille 
Muss er in aller Stille 
Von uns begraben sein! 

LEONORE 
So ist er tot? 

ROCCO 
Noch nicht, noch nicht. 

LEONORE 
Ist ihn zu töten deine Pflicht? 

ROCCO 
Nein guter Junge, zittre nicht, 
Zum Morden dingt sich Rocco nicht. 
Der Gouverneur kommt selbst hinab, 
Wir beide graben nur das Grab. 

LEONORE 
Vielleicht das Grab des Gatten graben, 
Was kann fürchterlicher sein? 

ROCCO 
Ich darf ihn nicht mit Speise laben, 
Ihm wird im Grabe besser sein. - 
Wir müssen gleich zu Werke schreiten, 
Du musst mir helfen, mich begleiten; 
Hart ist des Kerkermeisters Brot. 

LEONORE 
Ich folge dir, wär's in den Tod. 

ROCCO 
In der zerfallenen Zisterne 
Bereiten wir die Grube leicht. 
Ich tu es, glaube mir, nicht gerne; 
Auch dir ist schaurig, wie mich deucht? 

LEONORE 
Ich bin es nur noch nicht gewohnt. 

ROCCO 
Ich hätte gerne dich verschont, 
Doch wird es mir allein zu schwer, 
Und gar so streng ist unser Herr. 

LEONORE 
O welch ein Schmerz! 

ROCCO 
Mir scheint, er weine. 
Nein, du bleibst hier - ich geh alleine, 
Ich geh allein. 

LEONORE 
O nein, O nein! 
Ich muss ihn sehn; den Armen sehen, 
Und müsst ich selbst zugrunde gehen. 

ROCCO, LEONORE 
O säumen wir nun länger nicht, 
Wir folgen unsrer strengen Pflicht. 


ELFTER AUFTRITT 
Die Vorigen, Jaquino und Marzelline. 

MARZELLINE 
Ach, Vater, Vater, eilt! 

ROCCO 
Was hast du denn? 

JAQUINO 
Nicht länger weilt! 

ROCCO 
Was ist geschehn? 

MARZELLINE 
Es folget mir Pizarro nach! 
Er drohet dir. 

ROCCO 
Gemach! Gemach! 

LEONORE 
So eilet fort! 

ROCCO 
Nur noch dies Wort: 
Sprich, weiss er schon? 

JAQUINO 
Ja, er weiss es schon. 

MARZELLINE 
Der Offizier sagt ihm, was wir 
Jetzt den Gefangenen gewähren. 

ROCCO 
Lasst alle schnell zurücke kehren. 

MARZELLINE 
Ihr wisst ja, wie er tobet, 
Und kennet seine Wut. 

LEONORE 
Wie mir's im Innem tobet! 
Empöret ist mein Blut. 

ROCCO 
Mein Herz hat mich gelobet, 
Sei der Tyrann in Wut. 


ZWÖLFTER AUFTRITT 
Die Vorigen, Pizarro, später Die Gefangenen. 

PIZARRO 
Verwegner Alter! Welche Rechte 
Legst du dir frevelnd selber bei? 
Und ziemt es dem gedungnen Knechte, 
Zu geben die Gefangnen frei? 

ROCCO 
O Herr! 

PIZARRO 
Wohlan! 

ROCCO 
Des Frühlings Kommen, 
Das heitre warme Sonnenlicht, 
Dann: habt Ihr wohl in acht genommen, 
Was sonst zu meinem Vorteil spricht? 
Des Königs Namensfest ist heute, 
Das feiern wir auf solche Art. 
Der unten stirbt - doch lasst die andern 
Jetzt fröhlich hin und wieder wandern; 
Für jenen sei der Zorn gespart. 

PIZARRO 
So eile, ihm sein Grab zu graben, 
Hier will ich stille Ruhe haben. 
Schliess' die Gefangnen wieder ein, 
Mögst du nie mehr verwegen sein! 

DIE GEFANGENEN 
Leb' wohl, du warmes Sonnenlicht, 
Schnell schwindest du uns wieder; 
Schon sinkt die Nacht hernieder, 
Aus der so bald kein Morgen bricht. 

MARZELLINE 
Wie eilten sie zum Sonnenlicht 
Und scheiden traurig wieder. 
Die andern murmeln nieder: 
Hier wohnt die Lust, die Freude nicht. 

LEONORE 
Ihr hört das Wort, drum zögert nicht, 
Kehrt in den Kerker wieder. 
Angst rinnt durch meine Glieder. 
Ereilt den FrevIer kein Gericht? 

JAQUINO 
Ihr hört das Wort, drum zögert nicht, 
Kehrt in den Kerker wieder. 
Sie sinnen auf und nieder! 
Könnt ich verstehn, was jeder spricht! 

PIZARRO 
Nun, Rocco, zögre länger nicht, 
Steig' in den Kerker nieder. 
Nicht eher kehrst du wieder, 
Bis ich vollzogen das Gericht. 

ROCCO 
Nein, Herr, ich zögre länger nicht, 
Ich steige eilend nieder. 
Mir beben meine Glieder; 
O unglückselig harte Pflicht! 

ZWEITER AKT 

ERSTER AUFTRITT 
Florestan allein. 

Nr. 11 - Rezitativ und Arie 

FLORESTAN 
Gott! Welch Dunkel hier! O grauenvolle Stille! 
Öd' ist es um mich her. Nichts lebet ausser mir. 
O schwere Prüfung! - 
Doch gerecht ist Gottes Wille! 
Ich murre nicht! Das Mass der Leiden steht bei dir. 

In des Lebens Frühlingstagen 
Ist das Glück von mir geflohn! 
Wahrheit wagt ich kühn zu sagen, 
Und die Ketten sind mein Lohn. 
Willig duld' ich alle Schmerzen, 
Ende schmählich meine Bahn; 
Süsser Trost in meinem Herzen: 
Meine Pflicht hab' ich getan! 
Und spür' ich nicht linde, sanft säuselnde Luft? 
Und ist nicht mein Grab mir erhellet? 
Ich seh', wie ein Engel im rosigen Duft 
Sich tröstend zur Seite mir stellet, 
Ein Engel, Leonoren, der Gattin, so gleich, 
Der führt mich zur Freiheit ins himmlische Reich. 


ZWEITER AUFTRITT 
Florestan, Rocco und Leonore. 

Nr. 12 - Melodram und Duett 

Melodram 

LEONORE 
Wie kalt ist es in diesem unterirdischen Gewölbe! 

ROCCO 
Das ist natürlich, es ist ja tief. 

LEONORE 
Ich glaubte schon, wir würden den Eingang gar nicht finden. 

ROCCO 
Da ist er. 

LEONORE 
Er scheint ganz ohne Bewegung. 

ROCCO 
Vielleicht ist er tot. 

LEONORE 
Meint Ihr? 

ROCCO 
Nein, nein, er schläft nur. Das müssen wir benutzen und gleich ans Werk gehen; wir haben keine Zeit zu verlieren. 

LEONORE 
Es ist unmöglich, ihn zu erkennen. - Gott steh mir bei, wenn er es ist! 

ROCCO 
Hier, unter diesen Trümmern ist die Zisterne. - Wir brauchen nicht viel zu graben, um an die Offnung zu kommen. Gib mir eine Haue, und du, stell dich hierher. Du zitterst, fürchtest du dich? 

LEONORE 
O nein, es ist nur so kalt. 

ROCCO 
Beim Arbeiten wird dir schon warm werden. 


Duett 

ROCCO 
Nur hurtig fort, nur frisch gegraben, 
Es währt nicht lang', er kommt herein. 

LEONORE 
Ihr sollt ja nicht zu klagen haben, 
Ihr sollt gewiss zufrieden sein. 

ROCCO 
Komm, hilf doch diesen Stein mir heben - 
Hab' acht! - Hab' acht! 
Er hat Gewicht! 

LEONORE 
Ich helfe schon - sorgt Euch nicht; 
Ich will mir alle Mühe geben. 

ROCCO 
Ein wenig noch! 

LEONORE 
Geduld! 

ROCCO 
Er weicht. 

LEONORE 
Nur etwas nochl 

ROCCO 
Es ist nicht leicht! 

ROCCO 
Nur hurtig fort, nur frisch gegraben, 
Es währt nicht lang', er kommt herein. 

LEONORE 
Lasst mich nur wieder Kräfte haben, 
Wir werden bald zu Ende sein. 
Wer du auch seist, ich will dich retten, 
Bei Gott! Du sollst kein Opfer sein! 
Gewiss, ich löse deine Ketten, 
Ich will, du Armer, dich befrein. 

ROCCO 
Was zauderst du in deiner Pflicht? 

LEONORE 
Mein Vater, nein, ich zaudre nicht. 

ROCCO 
Nur hurtig fort, nur frisch gegraben, 
Es währt nicht lang', so kommt er her. 

LEONORE 
Ihr sollt ja nicht zu klagen haben, 
Lasst mich nur wieder Kräfte haben, 
Denn mir wird keine Arbeit schwer. 


Er erwacht! 

ROCCO 
Er erwacht, sagst du? 

LEONORE 
Ja, er hat eben den Kopf gehoben. 

ROCCO 
Ohne Zweifel wird er wieder tausend Fragen an mich stellen. Ich muss allein mit ihm reden. 
Nun, Ihr habt wieder einige Augenblicke geruht? 

FLORESTAN 
Geruht? Wie fände ich Ruhe? 

LEONORE 
Diese Stimme - wenn ich nur einen Augenblick sein Gesicht sehen könnte. Gott! Er ist es. 

FLORESTAN 
Sagt mir endlich, wer ist der Gouverneur dieses Gefängnisses? 

ROCCO 
Der Gouverneur dieses Gefängnisses ist Don Pizarro. 

FLORESTAN 
Pizarro! Dessen Verbrechen ich zu entdecken wagte! Schickt nach Sevilla, fragt nach Leonore Florestan - sagt, dass ich hier in Ketten liege. 

ROCCO 
Es ist unmöglich, sag' ich Euch. Ich würde mich ins Verderben stürzen, ohne Euch genützt zu haben. 

FLORESTAN 
Wenn ich verdammt bin, hier mein Leben zu enden, o lasst mich nicht langsam verschmachten. Gebt mir nur einen Tropfen Wasser. 

ROCCO 
Alles, was ich Euch geben kann, ist ein Restchen Wein. - Fidelio! 

LEONORE 
Da ist er. 

FLORESTAN 
Wer ist das? 

ROCCO 
Mein Schliesser. Du bist ja in Bewegung, Fidelio! 

LEONORE 
Wer sollte es nicht sein? Ihr selbst, Meister Rocco ... 


Nr. 13 - Terzett 

FLORESTAN 
Euch werde Lohn in bessern Welten, 
Der Himmel hat euch mir geschickt. 
O Dank! Ihr habt mich süss erquickt; 
Ich kann die Wohltat, ich kann sie nicht vergelten. 

ROCCO 
Ich lab' ihn gern, den armen Mann, 
Es ist ja bald um ihn getan. 

LEONORE 
Wie heftig pochet dieses 
Es wogt in Freud' und scharfem Schmerz. 

FLORESTAN 
Bewegt seh' ich den Jüngling hier, 
Und Rührung zeigt auch dieser Mann. 
O Gott, du sendest Hoffnung mir, 
Dass ich sie noch gewinnen kann. 

LEONORE 
Die hehre, bange Stunde winkt, 
Die Tod mir oder Rettung bringt. 

ROCCO 
Ich tu, was meine Pflicht gebeut, 
Doch hass' ich alle Grausamkeit. 

LEONORE 
Dies Stückchen Brot - ja, seit zwei Tagen 
Trag' ich es immer schon bei mir. 

ROCCO 
Ich möchte gern, doch sag' ich dir, 
Das hiesse wirklich zu viel wagen. 

LEONORE 
Ach! Ihr labtet gern den armen Mann. 

ROCCO 
Das geht nicht an, das geht nicht an. 

LEONORE 
Es ist ja bald um ihn getan. 

ROCCO 
So sei es - ja, so sei's - du kannst es wagen. 

LEONORE 
Da, nimm das Brot - du armer Mann! 

FLORESTAN 
O Dank dir, Dank! - O Dank! O Dank! 
Euch werde Lohn in bessern Welten, 
Der Himmel hat euch mir geschickt. 
O Dank! Ihr habt mich süss erquickt, 
Ich kann die Wohltat nicht vergelten. 

LEONORE 
Der Himmel schicke Rettung dir, 
Dann wird mir hoher Lohn gewährt. 

ROCCO 
Mich rührte oft dein Leiden hier, 
Doch Hilfe war mir streng verwehrt. 
Ich labt' ihn gern, den armen Mann, 
Es ist ja bald um ihn getan. 

LEONORE 
O mehr, als ich ertragen kann! 

FLORESTAN 
O dass ich euch nicht lohnen kann! 


DRITTER AUFTRITT 
Die Vorigen, Pizarro 

PIZARRO 
Ist alles bereit? 

ROCCO 
Ja, die Zisterne braucht nur geöffnet zu werden. 

PIZARRO 
Gut, der Bursche soll sich entfernen. 

ROCCO 
Geh, entferne dich, Fidelio. 

LEONORE 
Wer? - Ich? - Und Ihr? 

ROCCO 
Geh! Geh! 
Soll ich ihm die Ketten abnehmen? 

PIZARRO 
Nein, aber schliess ihn vom Stein los. Die Zeit drängt. 


Nr. 14 - Quartett 

PIZARRO 
Er sterbe! - 
Doch er soll erst wissen, 
Wer ihm sein stolzes Herz zerfleischt. 
Der Rache Dunkel sei zerrissen, 
Sieh' her! Du hast mich nicht getäuscht! 
Pizarro, den du stürzen wolltest, 
Pizarro, den du fürchten solltest, 
Steht nun als Rächer hier. 

FLORESTAN 
Ein Mörder steht vor mir! 

PIZARRO 
Noch einmal ruf ich dir, 
Was du getan, zurück; 
Nur noch ein Augenblick 
Und dieser Dolch - 

LEONORE 
Zurück! 

FLORESTAN 
O Gott! 

ROCCO 
Was soll? 

LEONORE 
Durchbohren 
Musst du erst diese Brust; 
Der Tod sei dir geschworen 
Für deine Mörderlust. 

PIZARRO 
Wahnsinniger! 

ROCCO 
Halt ein! 

PIZARRO 
Er soll bestrafet sein! 

LEONORE 
Töt' erst sein Weib! 

ROCCO, PIZARRO 
Sein Weib? 

FLORESTAN 
Mein Weib? 

LEONORE 
Ja, sieh' hier Leonore! 

FLORESTAN 
Leonore! 

LEONORE 
Ich bin sein Weib, geschworen 
Hab' ich ihm Trost. Verderben dir! 

PIZARRO 
Welch unerhörter Mut! 

FLORESTAN 
Vor Freude starrt mein Blut! 

ROCCO 
Mir starrt vor Angst mein Blut. 

LEONORE 
Ich trotze seiner Wut! 

PIZARRO 
Soll ich vor einem Weibe beben? 

LEONORE 
Der Tod sei dir geschworen. 

PIZARRO 
So opfr' ich beide meinem Grimm. 

LEONORE 
Durchbohren musst du erst diese Brust! 

PIZARRO 
Geteilt hast du mit ihm das Leben, 
So teile nun den Tod mit ihm. 

LEONORE 
Noch einen Laut - und du bist tot! 
Ach! Du bist gerettet! Grosser Gott! 

FLORESTAN 
Ach! Ich bin gerettet! Grosser Gott! 

PIZARRO 
Ha! Der Minister! Höll' und Tod! 

ROCCO 
O was ist das! Gerechter Gott! 


VIERTER AUFTRITT 
Die Vorigen, Jaquino, Soldaten. 

JAQUINO 
Vater Rocco, Vater Rocco, der Herr Minister kommt an, sein Gefolge ist schon vor dem Schlosstor. 

ROCCO 
Gelobt sei Gott! Wir kommen, ja wir kommen augenblicklich. Und unsere Leute sollen heruntersteigen und den Herrn Gouverneur hinaufbegleiten. 

LEONORE, FLORESTAN 
Es schlägt der Rache Stunde. 
Du (ich) soll(st) gerettet sein; 
Die Liebe wird im Bunde 
Mit Mute dich (mich) befrein. 

PIZARRO 
Verflucht sei diese Stunde! 
Die Heuchler spotten mein; 
Verzweiflung wird im Bunde 
Mit meiner Rache sein. 

ROCCO 
O fürchterliche Stunde! 
O Gott, was wartet mein? 
Ich will nicht mehr im Bunde 
Mit diesem Wütrich sein. 


FÜNFTER AUFTRITT 
Leonore, Florestan. 

FLORESTAN 
Meine Leonore, was hast du für mich getan! 

LEONORE 
Nichts, nichts, mein Florestan! 

Nr. 15 - Duett 

LEONORE 
O namenlose Freude! 
Mein Mann an meiner Brust! 

FLORESTAN 
O namenlose Freude! 
An Leonorens Brust! 

BEIDE 
Nach unnennbarem Leide 
So übergrosse Lust! 

LEONORE 
Du wieder nun in meinen Armen1 

FLORESTAN 
O Gott, wie gross ist dein Erbarmen! 

BEIDE 
Mein Weib, mein Weib, an meiner Brust! 
Mein Mann, mein Mann, an meiner Brust! 
O dank dir, Gott, für diese Lust! 

FLORESTAN 
Du bist's! 

LEONORE 
Ich bin's! 

FLORESTAN 
O himmlisches Entzücken! Leonore! 

LEONORE 
Florestan! 

BEIDE 
O namenlose Freude! 
Mein Weib, mein Weib, an meiner Brust! 
Du wieder mein, an meiner Brust! 
O dank dir, Gott, für diese Lust! 


An dieser Stelle erfolgt bei manchen Aufführungen als Einschub die 
Ouvertüre »Leonore III« 


SECHSTER AUFTRITT 
Die Gefangenen, Don Fernando, Pizarro, Marzelline und Jaquino. 

Nr. 16 - Finale 

CHOR DER GEFANGENEN UND DES VOLKES 
Heil sei dem Tag, 
Heil sei der Stunde, 
Die lang ersehnt, doch unvermeint, 
Gerechtigkeit mit Huld im Bunde 
Vor unsres Grabes Tor erscheint! 

FERNANDO 
Des besten Königs Wink und Wille 
Führt mich zu euch, ihr Armen, her, 
Dass ich der Frevel Nacht enthülle, 
Die all' umfangen schwarz und schwer. 
Nein, nicht länger knieet sklavisch nieder, 
Tyrannenstrenge sei mir fern. 
Es sucht der Bruder seine Brüder, 
Und kann er helfen, hilft er gern. 

CHOR 
Heil sei dem Tag, 
Heil sei der Stunde! 

FERNANDO 
Es sucht der Bruder seine Brüder, 
Und kann er helfen, hilft er gern. 


SIEBENTER AUFTRITT 
Die Vorigen, Rocco, Leonore, Florestan. 

ROCCO 
Wohlan, so helfet! Helft den Armen! 

PIZARRO 
Was seh' ich? Ha! 

ROCCO 
Bewegt es dich? 

PIZARRO 
Fort! Fort! 

FERNANDO 
Nun, rede! 

ROCCO 
All Erbarmen 
Vereine diesem Paare 
Don Florestan - 

FERNANDO 
Der Totgeglaubte, 
Der Edle, der für Wahrheit stritt? 

ROCCO 
Und Qualen ohne Zahl erlitt. 

FERNANDO 
Mein Freund! Mein Freund! Der Totgeglaubte? - 
Gefesselt, bleich steht er vor mir. 

ROCCO, LEONORE 
Ja, Florestan, Ihr seht ihn hier. 

ROCCO 
Und Leonore - 

FERNANDO 
Leonore? 

ROCCO 
Der Frauen Zierde führ' ich vor. 
Sie kam hierher - 

PIZARRO 
Zwei Worte sagen - 

FERNANDO 
Kein Wort! 
Sie kam - 

ROCCO 
Dort an mein Tor, 
Und trat als Knecht in meine Dienste, 
Und tat so brave, treue Dienste, 
Dass ich - zum Eidam sie erkor. 

MARZELLINE 
O weh' mir, was vernimmt mein Ohr! 

ROCCO 
Der Unmensch wollt' in dieser Stunde 
Vollziehn an Florestan den Mord. 

PIZARRO 
Vollziehn mit ihm! 

ROCCO 
Mit uns im Bunde! 
Nur Euer Kommen rief ihn fort. 

CHOR 
Bestrafet sei der Bösewicht, 
Der Unschuld unterdrückt. 
Gerechtigkeit hält zum Gericht 
Der Rache Schwert gezückt. 

Pizarro wird abgeführt 

FERNANDO 
Du schlossest auf des Edlen Grab, 
Jetzt nimm ihm seine Ketten ab - 
Doch halt! Euch, edle Frau, allein, 
Euch ziemt es, ganz ihn zu befrein. 

LEONORE 
O Gott! - Welch ein Augenblick! 

FLORESTAN 
O unaussprechlich süsses Glück! 

FERNANDO 
Gerecht, O Gott, ist dein Gericht. 

MARZELLINE, ROCCO 
Du prüfest, du verlässt uns nicht. 

ALLE 
O Gott! O welch ein Augenblick ! 
O unaussprechlich süsses Glück! 
Gerecht, O Gott, ist dein Gericht, 
Du prüfest, du verlässt uns nicht! 

CHOR 
Wer ein holdes Weib errungen, 
Stimm' in unsern Jubel ein! 
Nie wird es zu hoch besungen, 
Retterin des Gatten sein. 

FLORESTAN 
Deine Treu' erhielt mein Leben, 
Tugend schreckt den Bösewicht. 

LEONORE 
Liebe führte mein Bestreben, 
Wahre Liebe fürchtet nicht. 

CHOR 
Preist mit hoher Freude Glut 
Leonorens edlen Mut. 

FLORESTAN 
Wer ein solches Weib 
Stimm' in unsern Jubel ein! 
Nie wird es zu hoch besungen, 
Retterin des Gatten sein. 

LEONORE 
Liebend ist es mir gelungen, 
Dich aus Ketten zu befrein. 
Liebend sei es hoch besungen-. 
Florestan ist wieder mein! 

CHOR 
Wer ein holdes Weib errungen, 
Stimm' in unsern Jubel ein! 
Nie wird es zu hoch besungen, 
Retterin des Gatten sein. 

LEONORE 
Liebend sei es hoch besungen: 
Florestan ist wieder mein! 

ALLE 
Nie wird es zu hoch besungen, 
Retterin des Gatten sein.

Категория: Полные тексты оперных либретто / Реквием | Добавил: Damir (20.07.2014)
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